Das Konzept hinter Medinetz

Das Problem

In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt ca. 61.000 Menschen ohne Krankenversicherung, nach Schätzungen von zahlreichen Organisationen (z.B. Ärzte der Welt e.V.) ist die Dunkelziffer noch um ein Vielfaches höher. Betroffen sind v.a. Menschen, die von extremer Marginalisierung und struktureller Diskriminierung betroffen sind und bei denen gesundheitliche Probleme die sozialen und finanziellen Zustände weiter verschärfen. Gesundheit ist ein Menschenrecht und steht jedem Menschen zu, für dessen Umsetzung, setzt sich das Medinetz Gießen aktiv ein. Das Medinetz Gießen trägt mit seinem Engagement zur Verbesserung der Situation von Menschen ohne Krankenversicherung auf lokaler Ebene bei. Da es in der Stadt und dem Landkreis Gießen kein vergleichbares Engagement gibt, hätten diese Menschen ohne Krankenversicherung kaum eine Möglichkeit anonyme medizinische Hilfe zu erlangen und würden ärztliche Hilfe aufgrund von Stigmatisierung und/oder Angst vor Abschiebung häufig erst dann aufsuchen, wenn es unvermeidlich geworden ist. Dies hätte zur Folge, dass frühzeitige Diagnosen und Therapien versäumt werden und vermehrt Notfälle, stationäre Aufenthalte und chronifizierte Beschwerden entstehen würden, die vermeidbar gewesen wären. Deshalb ist es dem Medinetz Gießen wichtig niederschwellige medizinische Vermittlung anzubieten, um Spätfolgen und Komplikationen zu vermeiden. 

 

Unsere Arbeit

Das Medinetz Gießen setzt sich seit seiner Gründung 2014 für Menschen ein, die einen erschwerten Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Das betrifft unter anderem Geflüchtete, ohne geregelten Aufenthaltsstatus, Obdachlose oder auch Menschen aus Deutschland bzw. dem EU-Ausland, die aufgrund von Armut oder anderen Ursachen nicht mehr krankenversichert sind. Die Arbeit des Medinetz besteht dabei in der telefonischen Beratung, der Vermittlung von medizinischer Hilfe, sowie der Begleitung der Ratsuchenden in medizinische Einrichtungen, wenn erforderlich, mit Dolmetscher:innen. Dem Medinetz Gießen ist es sehr wichtig, dass jeder Mensch, unabhängig des Aufenthaltsstatus, Herkunft, religiöser Zugehörigkeit oder Geschlecht, im Krankheitsfall uneingeschränkt medizinische Versorgung erhält. Da gerade Menschen ohne gültige Papiere bei Besuch in medizinischen Einrichtungen jedoch fürchten müssen, entdeckt und abgeschoben zu werden, arbeitet das Medinetz anonym. Des Weiteren engagiert sich das Medinetz Gießen auch auf politischer Ebene. Das Menschenrecht auf Gesundheit muss allgemein und uneingeschränkt gelten – dafür zu sorgen, wäre eigentlich staatliche Aufgabe. Gemeinsam mit dem Medinetz Marburg hat das Medinetz Gießen deswegen eine Petition eingereicht, die den anonymen Behandlungsschein und Clearingstellen in Hessen fordert, der niedrigschwellige und anonyme medizinische Behandlung sowie Beratung ermöglichen soll. Daher ist das Ziel des Medinetzes im Grunde, sich selbst abzuschaffen.

 

Was hat sich geändert?

Im Rahmen der praktischen Arbeit betreut das Medinetz Gießen jedes Jahr zahlreiche Menschen ohne Krankenversicherung. Das Medinetz vermittelt den Betroffenen medizinische Hilfe, begleitet sie zu den Ärzt:innen-Terminen und trägt die Kosten für Diagnostik und Therapie mit Spendengeldern. Außerdem organisieren die Ehrenamtlichen vom Medinetz Rechtsberatungen bei professionellen Stellen mit dem Ziel, die Betroffen wieder in die Regelversorgung einzubinden, wodurch häufig langfristige Lösungen entstehen. Darüber hinaus hat das Medinetz Gießen in den letzten Jahren viel auf politischer Ebene erreicht, um das Menschenrecht auf Gesundheit auch auf nachhaltige Weise zu stärken. Das Medinetz hat ein Kooperationsprojekt mit der Stadt Gießen initiiert, um die Finanzierung der Betreuung schwangerer Frauen ohne Krankenversicherung auf sicherere Beine zu stellen, aktuell wird dieses Kooperationsprojekt auf den Landkreis Gießen ausgeweitet. Außerdem setzt sich das Medinetz Gießen gemeinsam mit dem Medinetz Marburg für die Einführung eines hessenweiten anonymen Behandlungsscheines und Clearingstellen ein, betreibt dabei intensiv politische Arbeit und hat das Bündnis “Gesundheit für Alle in Hessen“ ins Leben gerufen, was von zahlreichen weiteren zivilgesellschaftlichen sowie politischen Gruppen unterstützt wird. Kürzlich konnte das Medinetz Gießen die gemeinsam mit dem Medinetz Marburg gestartete Petition für die Etablierung eines anonymen Behandlungsscheins und Clearingstellen in Hessen im hessischen Landtag einreichen. Die Petitionsübergabe war von einer Kundgebung begleitet, bei dieser unter anderem Sprecher:innen der Linke, SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ein Statement zu den Petitionsforderungen abgegeben haben.

 

Medinetz Gießen e.V.
Otto-Behaghel-Straße 25
35394 Gießen

 

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